28.01.2017: Agrar-Subventionen - was bezahlt der Staat/die EU einem Rhöner Landwirt?

Zu diesem Thema ranken sich unzählige Mythen und auch hier ist äußerst erschreckend: der normale Verbraucher hat absolut keine Schimmer, welche Steuer-Gelder für was und an wen fließen. Um es vorweg zu nehmen: wenn ihr weiter lest, erfahrt ihr wie viel ich als Nebenerwerbs-Landwirt vom Staat bekomme – auf den Euro genau inkl. der Original-Bescheide vom Landwirtschaftsamt, welches die EU-Gelder verteilt.

Neugierig geworden?

Zunächst aber nochmal zur Frage: Warum ist das so, dass keiner auch nur im Ansatz weiß, was ein Landwirt vom Staat bekommt?

Ich will mal zwei Begründungen nennen, ich denke das trifft den Kern des Problems ganz gut ….

1.) Das Regelwerk, nachdem die EU die Gelder an die Landwirte verteilt ist mega-komplex und ändert sich ständig.

Auch viele Landwirte sind froh, wenn sie einigermaßen durchblicken bei dem berüchtigten Agrar-Antrag, den man jedes Jahr im Frühjahr stellen muss – sonst gibt es nämlich kein Geld. Wie soll dann bitte schön ein Verbraucher durchblicken? Und dann ist es halt wie immer: wenn man nix genaues weiß, dann entstehen Gerüchte. Man könnte den Landwirt ja einfach fragen, und schon sind wir bei Begründung Nummer 2 …..

2.) Die Landwirte schweigen sich darüber aus – nicht ohne Grund.

Denn es sind schon stolze Sümmchen, die da aus Berlin und Brüssel kommen. Da die Zuschüsse vorwiegend mit der Anzahl der bewirtschafteten  Hektar multipliziert werden, sind auch 6stellige Beträge pro Jahr (bei richtig großen Betrieben) keine Seltenheit.

Aber jetzt der Reihe nach:

Zu Punkt 1 – dem Regelwerk: da kann ich euch nur bedingt helfen, denn die Agrarförderung zu erklären, sprengt mein Wissen und auch diese Webseite. Wir machen es weiter unten einfach konkret am Betrieb „Matthias Zentgraf“ mit seinen 6 Hektar. Diese Werte mal auf andere Betriebsgrößen hochzurechnen, kriegt ihr sicher selber hin! Übrigens: auf der Seite https://www.agrar-fischerei-zahlungen.de/Suche kann man nach Betrieben suchen und deren Förderung in Euro-Beträgen einsehen. Warum unser Betrieb dort nicht auftaucht? Keine Ahnung, Geld vom Staat kriegen auch wir!

 

Der Agrar-Antrag

Alles fängt im Frühjahr an mit dem Agrar-Antrag - siehe Bilder oben. Hier muss man dem Landwirtschafts-Amt melden, welche Flächen man im laufenden Jahr bewirtschaftet. Das ganze wird anhand von Luftbildern festgehalten und das Amt überprüft ganz genau, ob keine Flächen doppelt beantragt wurden oder ob z.B. Feld-Raine oder Baum-Gruppen NICHT mit beantragt wurden. Für diese Flächen gibt es kein Geld! Wer jetzt glaubt, hier kann man sicherlich gut bescheißen, weil das kein Mensch kontrollieren kann, dem kann ich nur sagen: Das System mit den Luftbildern und der passenden Software dazu ist in den letzten Jahren immer weiter optimiert worden. Hier herrscht „deutsche Genauigkeit“ bis auf den letzten Quadratmeter. Anmerkung von mir: Hoffentlich sieht man das in anderen EU-Ländern auch so penibel genau?!?!?

Oben seht ihr ein Auszug aus dem Antrag für 2016. Man sieht das Luftbild von 2 meiner Flächen, aus denen berechnet sich dann die Gesamt-Fläche, für die man Zuschuss bekommt. Das dritte Bild zeigt eine Liste aller Flächen mit der Angabe, was man in dem Jahr darauf anbaut (dieses Dokument nennt sich FNN = Flächen-Nutzungs-Nachweis). Hier kommen alle Flächen rein, auf denen man was anbaut - auch zugepachtete Flächen. Bei mir steht u.a. auch die Erstaufforstung mit drin, weil das ehemalige Landwirtschafts-Flächen waren. Aber dafür gibt es natürlich auch kein Geld.

Der Antrag muss am PC bearbeitet werden, Papier gibt es ab 2017 nicht mehr. Ist der Antrag erfolgreich gestellt bis zum 15.05. (übrigens: ab dem 1. Tag verspäteter Abgabe gibt es schon eine Kürzung der Gelder, wir sind halt in Deutschland) kann man sich wieder auf Feld und Flur konzentrieren und nicht mehr auf den Schreibkram im Büro.

Am Ende des Jahres flattern dann der Reihe nach die Zuwendungsbescheide per Post rein und passend dazu das Geld auf dem Konto. Warum mehrere Bescheide? Nun ja, es gibt verschiedene Töpfe, die man anzapfen kann. Es wird zwar im Frühjahr nur EIN Antrag gestellt, das Geld dazu kommt aber von mehreren Stellen. Das wird gleich etwas deutlicher.

In meinem Fall sind das 4 einzelne Zuschüsse. Es gibt noch unzählige weitere Förder-Maßnahmen, die noch mehr einbringen würden, aber auch mit Auflagen verbunden sind (z.B. ist dann ein Mähen der Wiesen vor August verboten, etc.). Ich beantrage nur die Standard-Zuschüsse. Die Zuschüsse bei Bio-Bauern sind nochmal deutlich höher, ich selber bin als „konventioneller Landwirt“ eingestuft.

So jetzt lassen wir mal die Hosen runter: Hier sind meine Bescheide über die ausgezahlten Zuschüsse in 2016 für 6 Hektar bewirtschaftete Fläche.

1.) Basisprämie:  936 Euro

Die Basis-Betriebsprämie bekommt grundsätzlich erst Mal jeder Landwirt. Es sind 156 Euro pro Hektar und wenn man keine formalen Fehler hat im Antrag und alle möglichen Richtlinien beachtet hat, landet das Geld auf dem Konto. Ihr seht in den folgenden Bildern, dass Kürzungen durchaus möglich sind, wenn man gängige Vorschriften nicht beachtet hat z.B. bei Düngung und Pflanzenschutz (Spritzen).

 

2.)    Greening Prämie: 524 Euro

Das berühmte „Greening“ ist eine Erfindung der letzten Jahre, wobei es hier nur um Ackerflächen geht. Wie der Begriff schon vermuten lässt, geht es um mehr Naturschutz und um mehr Bio-Diversität (toller Begriff !). Man hat also durchaus erkannt, dass die hoch-professionelle Landwirtschaft auch eine Monotonie in der Natur und Landschaft erzeugt, die für die Vielfalt an Tieren und Pflanzen nicht gut ist. Bei diesem Fördertopf habe ich etwas Glück, denn die zu erfüllenden Auflagen gelten erst für Betriebe ab 10 Hektar Ackerland. Also: keine Auflagen einhalten müssen und trotzdem Geld kriegen – tolle Sache! Landwirte über 10 Hektar Acker müssen z.B. eine bestimmte Fruchtfolge einhalten (nicht mehr Jahr-für-Jahr Getreide oder nur Mais, mache ich bei Kartoffeln sowieso ...) oder sie müssen z.B. blühende Randstreifen ansäen. Habt ihr vielleicht schon mal gesehen, wenn rund um das Mais-Feld ein ca. 2-3 Meter breiter Grünstreifen ist, auf dem alles mögliche an bunten Blumen und Pflanzen wächst. Eine Maßnahme die vor allem den Bienen helfen soll. Achtet mal drauf. Aber das macht der Landwirt nicht freiwillig, denn wenn er es nicht macht, dann fällt dieser Teil der Prämie schon mal weg!

 

3.)    Umverteilungs-Prämie: 301 Euro

Das nenn ich doch mal eine schöne Prämie: kleine Landwirte (bis max. 30 Hektar) erhalten  50 Euro pro Hektar mehr als große Landwirte. Eine Maßnahme, mit der man dem Höfe-Sterben entgegen wirken will und die „Kleinen“ mehr unterstützen will. Na ja, retten tut man einen Hof mit den paar Flocken auch nicht, grundsätzlich ist es aber eine gute Sache, den „Großen“ nicht noch mehr Geld hinter her zu werfen.

 

4.)    Ausgleichzulage: 326 Euro
Dieser Fördertopf ist euch vielleicht auch als Bergbauern-Programm schon mal zu Ohren gekommen. Man bekommt einen Ausgleich gezahlt, wenn man Felder in höher gelegenen Gebieten bewirtschaftet – so wie in der Rhön.  Ein Landwirt in Niedersachsen bekommt diesen Zuschuss also nicht.
Macht der Zuschuss Sinn? Ja, irgendwie schon. Es soll halt verhindert werden, dass schlecht zugängliche Flächen (Hanglagen) gar nicht mehr bewirtschaftet werden, weil das unrentabel ist. Richtig Sinn macht das in ECHTEN Berg-Regionen wie den Alpen, denn wer dort schon mal im Urlaub war, fragt sich schon, wie man diese Hänge aufwendig mähen kann und dabei Geld verdienen soll? Da muss der Staat schon mithelfen, sonst würde alles zu Brachland werden und irgendwie zuwachsen ….

 

Mein Fazit zum Thema: Geld vom Staat

In Summe bekomme ich also für 6 Hektar 2.087 Euro vom Staat (Fördertöpfe der EU, Bund, Länder). Deckt bei mir einen Teil der Kosten wie Diesel, Beitrag Berufsgenossenschaft, Versicherung. Mehr aber auch nicht, man muss schon noch was auf den Flächen anbauen und anscjl. verkaufen ….!

Meine persönliche Einstellung zum Thema Agrar-Subventionen lasse ich euch mal ganz zum Schluss wissen: Die staatlichen Zuschüsse gehören komplett abgeschafft – natürlich geht das nicht von heute auf morgen. Man muss wieder zu einem System kommen, wo die hier erzeugten Lebensmittel einen fairen Preis erzielen, der dann auch beim Landwirt ankommt.
Warum?
Heute pumpt der Staat über diese o.g. Zuschüsse Milliarden in die Landwirtschaft, die daraufhin billiger produzieren kann und die Lebensmittel so „künstlich“  verbilligt werden. Dass diese gezahlten Zuschüsse eure Steuergelder sind, dürfte klar sein. Warum nicht einfach diese Steuergelder sparen und den Steuerzahler entlasten. Dann dürfen auch die Lebensmittel teurer sein und ihr (als Verbraucher) hättet immer noch das gleiche in der Tasche. Wie viele Milliarden alleine in die Verwaltung und Durchführung der Agrar-Anträge EU-weit fließen, möchte ich auch nicht wissen ….

Vorteile wäre dann auch, dass die ganze Landwirtschafts-Welt sich nicht mehr nach den Subventionen ausrichtet. Denn heute schielen alle Landwirte auf die Zuschüsse und bauen auf ihren Feldern das an, wo es die meisten Zuschüsse gibt. Denn die Zuschüsse werden pünktlich und in voller Höhe verlässlich gezahlt. Will man ein selber angebautes Produkt am freien Markt verkaufen, sieht das schon anders aus. Aus dieser Denke heraus ist auch der Biogas-Boom entstanden: lieber pünktlich vom Staat Geld kassieren als Ware für den freien Markt erzeugen und sich mit Preis- und Qualität-Schwankungen rum zu ärgern. Nur für‘s Protokoll: Biogas ist der größte Schwachsinn, auf den man sich jemals gestürzt hat …! Auch ein Windrad ist hässlich, aber immer noch effektiver und besser als Lebensmittel zu vergären auf Kosten der kleinen Strom-Kunden!

Außerdem gibt es bei diesem ganzen System der "Zuschüsse pro Hektar" zig-tausende Mitnahme-Effekte. Jeder Hektar bringt durchschnittlich 300 Euro Zuschuss, selbst wenn man ihn gar nicht oder nur unzureichend bewirtschaftet. Also lautet das Motto: immer mehr Hektar pro Betrieb, am besten billig zupachten und die Zuschüsse einstreichen!

UND ZUM SCHLUSS: Wenn Lebensmittel teuer wären, würde auch mit mehr Bedacht eingekauft und zum Schluss weniger weg geworfen. Das wäre eine weiterer positiver Nebeneffekt.

Ich hoffe, ihr habt jetzt ein kleines Bild davon bekommen und könnt euch vielleicht auch selber eine Meinung bilden. Das ist immer das Beste!